FINANZKRISE
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EZB pumpt 250 Mrd. Euro in den Markt

Dienstag, 7. Oktober 2008 / 17:46 Uhr
aktualisiert: 18:03 Uhr

Frankfurt/Zürich - Der Durst der Banken nach Liquidität scheint nahezu unstillbar: Bei ihrem wöchentlichen Refinanzierungsgeschäft hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Banken 250 Mrd. Euro ausgeliehen.

40,5 Milliarden Euro hätten laut EZB ausgereicht, um die Liquidität sicher zu stellen.

In der Vorwoche lag das Volumen des jeweils sieben Tage laufenden Geschäfts noch bei 190 Mrd. Euro. Der durchschnittliche Zinssatz betrug am Dienstag 4,99 Prozent, 0,03 Prozentpunkte mehr als in der Vorwoche und deutlich mehr als der EZB-Leitzins, der derzeit bei 4,25 Prozent liegt.

Das ausgeliehene Geldvolumen übersteigt die EZB-Berechnungen bezüglich des tatsächlich notwendigen Kapitals bei weitem. Demnach hätten 40,5 Mrd. Euro ausgereicht, um die Liquidität der Banken sicherzustellen. Da die Banken sich wegen der Finanzkrise gegenseitig kaum noch Geld leihen, steigt die Nachfrage nach dem Geld der Notenbank.

Auch SNB überrannt

Riesig war die Nachfrage auch nach den 4 Mrd. Dollar, welche die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Rahmen der mit anderen Notenbanken konzertierten Massnahmen zur Stabilisierung der Finanzmärkte am Dienstag auslieh. Insgesamt gingen für die Anleihe mit einer Laufzeit von 88 Tagen Gebote über 8,9 Mrd. Dollar ein, wie die SNB mitteilte.

Der tiefste Zinssatz, welche die SNB für das ausgegebene Geld erhält, beläuft sich auf 3,25 Prozent. Im Durchschnitt zahlen die Banken der Nationalbank für den Dollarregen 4,45 Prozent. Die US-Dollar-Repo-Auktion der SNB schloss damit weit über dem Mindestzinssatz, der am Morgen auf 1,39 Prozent festgesetzt wurde.

Liquidität über Neujahr sichern

Um eine Liquiditätsklemme über Weihnachten und Neujahr zu verhindern, haben die EZB, die amerikanische Federal Reserve (Fed), die britische Notenbank sowie die SNB angekündigt, neben den sechs bereits angekündigten Dollar-Auktionen mit Laufzeiten von 28 respektive 84 Tage bis zum Jahresende noch zwei weitere Refinanzierungsgeschäfte durchzuführen.

Die Geschäfte sind vorläufig auf zwei Termine im November festgelegt worden und laufen beide bis Anfang Januar. Die vier Zentralbanken behalten sich aber Änderungen in ihrem Massnahmeplan vor, um flexibel auf die Marktbedingungen reagieren zu können.

Übernacht-Anleihen weiterhin begehrt

Von den Notenbanken weitergeführt werden auch die täglichen Dollar-Auktionen, welche Mitte September gemeinsam eingeführt wurden. Diese sind bei den Banken weiterhin äusserst begehrt.

So haben sich für die 50 Mrd. Dollar, welche die EZB am Dienstag als Übernacht-Darlehen zur Verfügung stellte, 67 Banken beworben und um insgesamt 109,2 Mrd. Dollar nachgesucht. Der Mindestzinssatz betrug 6,75 Prozent.

Auch bei der SNB hat die Nachfrage nach den Dollar-Tagesgeldern am Dienstag wieder angezogen, nachdem am Vortag alle Gesuche der Banken noch vollständig hatten bedient werden können. Die Nachfrage nach den von der SNB vergebenen 10 Mrd. Dollar belief sich auf 12,1 Mrd. Dollar. Der Mindestzinssatz betrug tiefe 0,27 Prozent.

Fed erwägt weitere Massnahmen

Die US-Notenbank stemmt sich derweil mit immer dramatischeren Schritten gegen das zunehmende Chaos an den Finanzmärkten. Wie die Fed mitteilte, will sie in Zukunft auch ungesicherte kurzfristige Anleihen ankaufen.

Sie wird den Emittenten für die Handelspapiere Liquidität zur Verfügung stellen. Die Massnahme ist einmalig, weil diese Papiere durch die Krise auf den Finanzmärkten vielfach fast wertlos geworden sind.

Angesichts der verschärften Finanzkrise hatte zuvor die australische Notenbank RBA ihren Leitzins überraschend kräftig von 7,0 auf 6,0 Prozent gesenkt. Eine Senkung um einen ganzen Prozentpunkt hatte es zuletzt im Mai 1992 gegeben.

An der Börse in Sidney reagierten die Anleger erleichtert. Anders das Bild in Tokio. Die japanische Notenbank hatte ihren Leitzins bei 0,5 Prozent belassen.

(tri/sda)


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