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Entlassungen bei Tamedia als «Kahlschlag» kritisiert

Mittwoch, 15. September 2010 / 10:00 Uhr
aktualisiert: 10:53 Uhr

In einer gemeinsamen Medienmitteilung haben die Journalistenverbände Comedia und Impressum die Entlassung von 37 Medienschaffenden als «unnötig» kritisiert.

Der «Tages-Anzeiger» wird seine Regionalnachrichten künftig von den Landzeitungen beziehen.

Als Tamedia im Jahr 2006 die Regional-Splits des «Tages-Anzeigers» aufbaute, sei es nicht um die «Aufwertung der regionalen Berichterstattung im Kanton Zürich» gegangen, sondern lediglich um eine Kampfansage an drei traditionsreichen Zürcher Landzeitungen «Zürcher Unterländer», «Zürichsee Zeitung» und «Zürcher Oberländer», schreiben Impressum und Comedia.

Tamedia habe damals gezielt Journalisten der drei Konkurrenztitel für den «Tages-Anzeiger» abgeworben, die nun auf der Strasse stehen, sagte Salva Leutenegger, Zentralsekretärin von Impressum.

Vom Abbau betroffen sind ausschliesslich Regionalredaktionen, davon 28 Mitarbeitende des «Tages-Anzeigers», zwei des «Zürcher Unterländers» und sieben der «Zürichsee-Zeitung» betroffen.

Medienvielfalt nimmt ab

Vergangenen April übernahm Tamedia die Konkurrenzeitungen «Zürcher Unterländer», «Zürichsee Zeitung» und einen markanten Anteil am «Zürcher Oberländer».

Diese drei Landzeitungen werden den «Tages-Anzeiger» künftig mit Regionalnachrichten versorgen. Damit nimmt die Medienvielfalt im Kanton Zürich weiter ab.

Dies will Tamedia nicht gelten lassen. Die Landzeitungen würden sich auch künftig stark vom «Tages-Anzeiger» unterscheiden. Diese seien stark lokal ausgerichtet, während der «Tages-Anzeiger» einen überregionalen Schwerpunkt habe, sagte Konzernsprecher Christoph Zimmer.

Ziel von Tamedia sei es, die drei Landzeitungen als Zeitungssysteme zu erhalten. «Wir müssen in der Lage sein, die wirtschaftliche Situation der Regionalzeitungen verbessern, um die Landzeitungen mit dem Tages-Anzeiger als Zweit-Zeitungssystem zu erhalten», so Zimmer.

Dagegen sprechen die Gewerkschaften von einem erneuten Kahlschlag im Zürcher Blätterwald. Für Tamedia habe der höhere Gewinn gegenüber Medienqualität und Vielfalt Priorität, schreiben Impessum und Comedia.

Sozialplan ohne Gewerkschaften

Die Gewerkschaften kritisieren ausserdem, beim Aushandeln des Sozialplans ausgeschlossen worden zu sein. Tamedia begründete dies damit, dass es sich, von wenigen Modifikation abgesehen, um denselben Sozialplan, der beim Abbau vor einem Jahr mit den beiden Verbänden ausgehandelt worden war. Beteiligt an den Verhandlungen waren die jeweiligen Personalkommissionen von «Tages-Anzeiger», «Zürichsee-Zeitung» und «Zürcher Unterländer».

Der aktuelle Sozialplan könne im Branchenvergleich aber als «fair» betrachtet werden, meinte Salva Leutenegger vom Journalistenverband Impressum. So vergütet der Arbeitgeber die Differenz des Arbeitslosentaggeldes zum letzten Lohn mindestens zwölf Monate lang. Die Betroffenen erhalten ausserdem eine Abgangsentschädigung in der Höhe eines Monatslohn und zusätzlich von 350 Franken pro geleistetes Dienstjahr, die über 50 Jährigen 700 Franken.

Man werde versuchen, den Entlassenen intern eine Stelle anzubieten, sagte Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer.

Es war für viele Kollegen sehr belastend, sagte ein Arbeitnehmervertreter der Personalkommission beim «Tages-Anzeiger». Lange war unklar, in welchen Redaktionsbereichen Stellen abgebaut würden.

Bereits im Sommer 2009 kam es zu einer Entlassungswelle beim «Tages-Anzeiger». Damals wurden 57 Stellen gestrichen.

(Harald Tappeiner/news.ch)


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