Insiderdelikte: Das Gesetz zeigt kaum Wirkung Donnerstag, 10. Februar 2000 / 19:05 Uhr
Bern - Nach dem Freispruch im Fall Rohrbasser wird Kritik an
der Insiderstrafnorm laut. Das Gesetz ist seit 1988 in Kraft und
zeigt kaum Wirkung. Eine Verurteilung erfolgte bisher erst in einem
Fall. Dies soll nun dank nationaler Kooperation anders werden.
Der im Fall Rohrbasser unterlegene Zürcher Bezirksanwalt
Christian Weber sieht in der fehlenden Gerichtspraxis das
Hauptproblem bei der Anwendung der Insiderstrafnorm. Nur durch
rechtskräftige Gerichtsurteile könnte das Gesetz seine Wirksamkeit
auch entfalten, erklärt Weber auf Anfrage.
Weber weist auf die Schwächen der Strafnorm hin. So sei nicht
klar, in welchem Fall ein Kurssprung als «erheblich» oder als
«vorausberechenbar» bezeichnet werden solle. Zudem sei der
Zeitrahmen vor dem Bekanntwerden einer Fusion nicht definiert, in
dem man überhaupt von insiderrelevantem Verhalten sprechen könne.
Ineffizienz und Doppelspurigkeit
Für Insiderdelikte sind auf Veranlassung der Überwachungsstelle
der Börse die kantonalen Behörden zuständig. Dabei stellt sich das
Problem des Gerichtsstandes. Anzeigen werden gleichzeitig in
mehreren Kantonen behandelt. Diese Bestimmung ist mit ein Grund
dafür, dass die an sich schon unscharfe Strafnorm zu wenig greift.
Mit Blick auf diese kantonale Zuständigkeit spricht Weber von
Ineffizienz und Doppelspurigkeit, die die heutige Praxis mit sich
bringe. Ähnlicher Meinung ist auch Hanspeter Uster, Präsident der
Komission für organisierte Kriminalität und Wirtschaftskriminalität
der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren.
Kantone wollen Kräfte zentralisieren
«Die Zentralisierung der Kräfte bei der Verfolgung von
Insiderdelikten ist in diesem Jahr einer der Schwerpunkte unserer
Kommission», erklärt der Zuger Sicherheitsdirektor auf Anfrage.
Auch Uster bezeichnet die Insiderstrafnorm als «nicht sehr
griffig», da vor allem der Nachweis des Vorsatzes sehr schwierig
sei.
Der stellvertretende Bundesanwalt Felix Bänziger bestätigt auf
Anfrage ebenfalls, dass eine nationale Insiderstrafbehörde offenbar
den Wünschen der kantonalen Stellen entspreche. In welcher Form
eine solche Behörde nach einer dazu notwendigen Gesetzesänderung
allenfalls verwirklicht werde, sei jedoch noch vollkommen offen.
Freispruch trotz Verstoss gegen Verzichtserklärung
Das Bezirksgericht Zürich hat am Mittwoch den ehemaligen
Finanzchef der «Zürich»-Gruppe vom Vorwurf des Insidergeschäfts
freigesprochen. Markus Rohrbasser wurden bloss die Missachtung
einer arbeitsrechtlichen Weisung zur Last gelegt und die
Verfahrenskosten übertragen. Bezirksanwalt Weber wird
voraussichtlich Berufung einlegen.
Rohrbasser hatte sich zwar 1997 schriftlich verpflichtet,
während der Übernahme von Teilen der British American Tobacco (BAT)
durch die «Zürich» auf Geschäfte mit den Wertpapieren der beiden
Firmen zu verzichten. Trotzdem erwirtschaftete er durch den Kauf
und Verkauf von «Zürich»-Optionen eine knappe Viertelmillion
Franken.
(ba/sda)
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