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Wirtschaftskrise begünstigt Wirtschaftsdelikte

Montag, 11. Januar 2010 / 09:02 Uhr

Zürich - 29 Prozent der befragten Unternehmen in der Schweiz sehen aufgrund des Wirtschaftsabschwungs ein erhöhtes Risiko für Wirtschaftsdelikte. Ein Drittel stellt auch eine Zunahme von Zwischenfällen in den vergangenen zwölf Monaten fest.

Der Leistungsdruck im Haifischbecken der Manager begünstigt Deliktsfälle.

17 Prozent der Befragten meldeten mindestens einen aufgedeckten Deliktsfall in der Höhe von durchschnittlich 1,5 Mio. Franken. Die Finanzbranche verzeichnet die grösste Anzahl Fälle. 70 Prozent der Täter stammen aus dem mittleren und oberen Management. Als Hauptmotive vermuten die Umfrageteilnehmer den gestiegenen Leistungsdruck und den Wunsch nach Erhalt des Lebensstandards. Der Ausgabenrückgang für Compliance und die Reduktion von Kontrollen erschwert die Aufklärung von Wirtschaftsdelikten.

Leistungsdruck

Unternehmen sind deshalb gefordert, griffige Massnahmen zu implementieren und dabei alle Funktionsstufen einzubeziehen. Zu diesen Erkenntnissen kommt die Studie «Economic Crime Survey 2009» von PricewaterhouseCoopers (PwC), für die in der Schweiz 129 Unternehmen befragt wurden. 56 Prozent der befragten Unternehmen gaben einen Rückgang ihrer finanziellen Performance in den letzten zwölf Monaten an. 29 Prozent schliessen daraus auf ein erhöhtes Risiko für Wirtschafskriminalität. 32 Prozent melden eine Zunahme von untersuchten Fällen gegenüber dem Vorjahr. Als mögliche Hauptmotive geben die Umfrageteilnehmer den gestiegenen Leistungsdruck und den Wunsch nach Erhalt des Lebensstandards an.

Oft unentdeckt

Trotz höherem Risiko verzeichneten nach eigenen Angaben nur 17 Prozent der befragten Unternehmen in den vergangenen zwölf Monaten Deliktsfälle. Gianfranco Mautone, Partner und Leiter Forensic Services bei PricewaterhouseCoopers Schweiz, stellt fest: «Die Dunkelziffer bei Wirtschaftsdelikten in der Schweiz ist hoch. Ein Grossteil wird denn auch nur zufällig aufgedeckt. Und es ist möglich, dass die Anzahl der Wirtschaftsdelikte weiter steigen wird, auch wenn sie zu einem grossen Teil unentdeckt bleiben.»

Wenig Kontrolle

26 Prozent der Befragten gaben an, noch nie eine Wirtschaftsdelikts-Risikoanalyse durchgeführt zu haben. 46 Prozent taten dies bis anhin erst einmal. Die durchschnittlichen Ausgaben für Compliance und interne Kontrollmechanismen sind in den vergangenen zwölf Monaten zurückgegangen. Dabei haben Unternehmen, die vierteljährlich Risikobewertungen und darauf basierende Kontrollen durchführen, durchwegs mehr Deliktsfälle aufgedeckt.

Massnahmen für alle Funktionsstufen

Der Anteil von internen Deliktsfällen beträgt knapp 50 Prozent, davon werden 70 Prozent vom mittleren und oberen Management begangen. Rolf Schatzmann, Partner Forensic Services bei PricewaterhouseCoopers Schweiz: «Knapp zwei Drittel der Täter erhalten einen hohen variablen Lohnanteil. Durch den zusätzlichen Druck auf die Performance wird der Anreiz, ein Delikt zu begehen, erhöht. Gerade deshalb darf das Management nicht von Kontrollen ausgeschlossen werden. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die gesamte Belegschaft die Ziele und Werte des Unternehmens kennt und entsprechend handelt. Es versteht sich von selbst, dass die gesetzten Performanceziele realistisch sein müssen.»

Finanzdienstleistungssektor obenauf

Mit 41 Prozent verzeichnet der Finanzdienstleistungssektor den grössten Anteil an Wirtschaftsdelikten. Gianfranco Mautone erklärt: «Dies ist darin begründet, dass die Verfügbarkeit von leicht übertragbaren Vermögenswerten höher ist. Hinzu kommt die Komplexität finanzieller Transaktionen, die ebenfalls ein ideales Umfeld für Betrug und Verschleierung darstellt. Jedoch ist das Bewusstsein für die Gefahr von Wirtschaftskriminalität in diesem stark regulierten Sektor auch besonders hoch, und in vielen Fällen existieren stark ausgebaute Kontrollsysteme, welche die Aufdeckung von Delikten begünstigen.»

(cs/KMU Magazin)


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